Jan Hus – Worte wie Flammen – Slavo jako plameny
Unter der Regie der Münchner Regisseurin Yvonne Brosch spielen deutsche und tschechische Darsteller anläßlich des 600. Jubiläums der Reise des böhmischen Reformators Jan Hus nach Konstanz zum Konzil gemeinsam Theater.
Das neu entwickelte Festspiel aus der Feder von Andreas Arneth zeichnet ein eindrucksvolles Bild der Geschichte im 15. Jahrhundert, als Jan Hus, zeitweilig Rektor an der Prager Karls-Universität, unter der Zusage freien Geleits nach Konstanz reist. Jan Hus wird zum Spielball für die weltlichen und geistlichen Fürsten. Es geht um die Macht in Böhmen, die absolute Herrschaft im Kaiserraum und um kirchliche Auseinandersetzungen. Hus bezahlt mit dem Leben und erleidet den Feuertod.
Der Auto über das Stück
Alles geht in Flammen auf: zuerst brennen Bücher und Schriften, dann brennnen Worte in Anklagen und Verteidigungsreden, dann brennen Seelen, verzeht von Angst, Schmerzen und Hass. Schließlich brennen Menschen. Durch diese Flammen mußte Jan Hus gehen. Am Ende brennt die ganze Welt.
Es ist das Feuer der Worte, das politisches und menschliches Handeln seit jeher steuert. Worte können wie Flammen sein: heiß, vernichtend, verzehren, schmerzend. Sie können aber auch wärmen, erleuchten und den Weg weisen.
Vor 600 Jahren machten sich die Akteure europäischer Macht auf die Reise. Sie wollten das politische Feuer löschen, das den Kontinent bedrohte. In Konstanz trafen sie sich, um Konzil zu halten, zu beraten, zu reden und zu verhandeln. Auch Jan Hus machte sich auf den Weg dorthin. Er hatte in Prag mit seinen Predigten und Schriften Feuer gelegt. Andere – wie etwa John Wycliff in England – haben das zwar auch getan, aber Hus wollte den Mächtigen Aug‘ in Aug‘ erklären, warum er dies gemacht hat. So stand nun der Mann einfacher Herkunft mit seinen Prinzipien vor der geballten Macht: vor drei Päpsten (das Schisma war die Hauptsorge des Konzils gewesen), vor Kardinälen, Bischöfen, Königen und Fürsten, die um ihre Position in Europa stritten.
Dass Jan Hus, der in Prag in tschechischer Sprache predigte, in einem Brief über die Reise ausdrücklich die kleine Stadt Bärnau erwähnt, muss einen Grund gehabt haben. Er freute sich über die Gastfreundschaft seines geistlichen Kollegen in Bärnau. Sicherlich musste dieser seine Predigten in lateinischer Sprache halten, obwohl er dies auch gerne in seiner deutschen Muttersprache getan hätte – diesen Schluss läßt der Breif durchaus zu. Im kleinen Maßstab wird an dieser Begebenheit deutlich, worum es Jan Hus eigentlich gegangen sein dürfte: um Verstehen, Verständigung und Verständnis.
In einer großen Freilichtinszenierung erzählen über 60 tschechische und deutsche Mitwirkende, wie Worte vom Funken zum Weltenbrand werden können. Dabei erleben zwei junge Menschen (ein Bursche aus Tachov und ein Mädchen aus Bärnau) dieses Drama am Abgrund der Weltpolitik hautnah mit. Sie müssen mit ansehen, wie Hus als Figur im Schachspiel der Mächtigen untergeht. Vor der Front eines großen gotischen Domes wird sich das Geschehen entwickeln. Der Aufbau ist Prag und Konstanz genauso, wie Tachov und Bärnau. Einer Pyramide ähnlich, entfaltet sich die Hierarchie der Macht: oben Päpste, dann Fürsten und – ganz unten – das Volk, das in Elend, Hunger und Krankheit überleben muss.
Das Festspiel wird in deutsch-tschechischer Sprache zu sehen sein. Doch auch viele andere Sprachen erzählen von dem geradezu babylonischen Sprachgewirr, das die Verständigung in Prag und Konstanz damals so schwer gemacht haben muss.